Outdoor in Indore

Ja, ihr Lieben, dieses Indore-/ Outdoor-Wortspiel konnte ich mir einfach nicht verkneifen. Es ist sogar ein Grund, warum ich hier einen Zwischenstopp eingelegt habe. Für heute passt es jedoch auch wunderbar, denn seit heute Mittag bin ich obdachlos, nachdem ich im Hotel ausgecheckt habe und mir den Tag um die Ohren schlagen muss, bis heute abend um hab zehn mein Nachtbus nach Aurangabad startet.

Doch der Reihe nach. Vorgestern bin ich von Bhopal aus mit dem Zug angereist, was an und für sich ja eine angenehme Art des Reisens ist. Ich hatte Sleeper Class gebucht und da hat man eine (leider viel zu kurze) gepolsterte Pritsche für sich alleine. Alles super soweit, bis wir zum letzten Bahnhof vor Indore kommen, denn da legt der Zug einen außerplanmäßigen Halt von über eine Stunde ein. Klar, dass nervt. Aber irgendwie noch mehr genervt hat mich diese stoische Schicksalsergebenheit der Inder. Niemand, der sich aufrecht oder (wie ich) einen Tobsuchtsanfall bekommt…

Indore selbst hat nur eine Handvoll Attraktionen für den Traveller zu bieten, weshalb ich gestern erst mal einen Ausflug nach Omkareshwar gemacht habe. Das war dann auch wieder eine wahre Odyssee. Drei Stunden im Bus und dann schmeißen sie mich mal wieder an irgendeiner Straßenkreuzung raus, mit den aufmunternden Worten „Da kommt gleich ein Bus, der bringt doch hin.“
Kam natürlich keiner. Dafür ein Taxi, das mich für teuer Geld nach Omkareshwar brachte. Der Lonely Planet sprach von einem ganz wichtigen hinduistischen Pilgerort an der Narmada, dem heiligsten Fluß Indiens (vergesst Mama Ganga, an der Narmada spielt die Musik!), auch Klein-Varanasi genannt. Und wie das bei Pilgerorten nun mal so ist, sind sie vor allem für Pilger interessant. Das Dörfchen ist zwar recht hübsch an der Narmada und auf einer Flussinsel gelegen, aber das Panorama wird schon ein wenig durch eine riesige Staumauer, die vor ein paar Jahren gebaut wurde, gestört. Am Fluss gibt es Ghats, also Treppen die ins Wasser führen, damit die Pilger ein rituelles Bad nehmen können (Ich würde das nur baden, wenn ich einen gelben Schein bräuchte), und wenn vom Stausee Wasser abgelassen wird tönt eine Art Fliegeralarm durchs Tal, damit auch alle schnell rauskommen. Das war für mich auch schon das spektakulärste aus Omkareshwar. Es gibt halt Tage, da verspeist man den Bären, und es gibt Tage, da wird man von Bären verspeist.

Tags drauf musste ich mir den Tag dann in Indore vertreiben, den mittags war Check-Out im Hotel angesagt und mein Nachtbus nach Aurangabad ging erst abends um halb zehn. Glücklicherweise konnte ich meinen Rucksack so lange im Hotel lassen, sonst wäre der Tag keine Freude gewesen. Zuerst schaute ich mir den Lal Bagh Palace an, ein furchtbar scheußlicher Palast, den sich der letzte Maharadscha von Indore Ende des 19. Jh. bauen ließ und in dem von Rokkoko bis Neoklassizismus alle Stilrichtungen mit einem sicheren Händchen für schlechten Geschmack wild gemischt wurden. Dazu mal wieder ein unverschämt hoher Eintritt mit absolutem Fotografierverbot. Das einzig interessante waren drei ausgestopfte Tiger, die wirklich sehr imposant ausschauten. Interessant wurde es erst, als ich den Palast verließ und ein Kamerateam auf mich losstürmte, mit der Bitte, ein Interview mit mir führen zu können. Sie waren vom Staatsfernsehen von Mahya Pradesh und drehten ein Feature über touristische Attraktionen in Indore. Klaro, da war ich doch dabei. Immerhin wusste ich, dass das niemals jemand von euch sehen wird! Also wurde ich schnell verkabelt, in das richtige Licht gesetzt und dann musste ich mir da einen zurechtlügen, wie schön denn der Palast sei, die Architektur erinnert mich so an Europa, und die stilvolle Inneneinrichtung… Zum Glück hab ich nicht lauthals losgelacht!

Nachmittags war ich dann sogar noch im Zoo, so verzweifelt war ich, weil die Zeit nicht rumging. Eigentlich vermeide ich Zoos, besonders indische, denn da geht’s denn Tieren wirklich nicht gut. Dieser wird zum Glück step by step umgebaut zu größeren Gehegen und weniger Tieren. Ganz schnell nahmen mich drei volunteers (Studenten, die in ihrer Freizeit ehrenamtlich im Zoo arbeiteten) unter ihre Fittiche und zeigten mir die Tiere und erzählten mir Anekdoten. Der Tiger beispielsweise, der den ganzen Tag faul unter dem Baum lag, war ein maneater und hatte, bevor er eingefangen werden konnte, 23 Menschen gefressen. Die Elefantenkuh war auch nicht ohne. Vor einigen Wochen hat sie eine Mauer eingerissen, indem sie einfach dagegen gerannt ist. Einmal hat sie einen Besucher mit einem Stein beworfen, der musste daraufhin ins Krankenhaus. Mann, mann, mann, hab ich ein Glück gehabt. Alles in allem war es ein lustiger Nachmittag mit den dreien, auch weil ich mal wieder mit jemandem Englisch sprechen konnte. Im Norden Indiens wird viel weniger Englisch gesprochen als im Süden. Hier spricht ja auch jeder Hindi, während die Staaten in Südindien alle ihre eigenen Sprachen haben, die mit Hindi auch gar nicht verwandt sind. Also ist Englisch als Verkehrssprache viel weiter verbreitet als im Norden. OK, man kommt auch hier zurecht, aber mehr mit Händen und Füßen. Den letzten Ausländer habe ich übrigens vor knapp zwei Wochen gesehen. Ich habe keine Ahnung warum die alle immer in Rajasthan bleiben und niemand mal nach Madhya Pradesh fährt. Mir hat es wunderbar gefallen. Auch wegen der Menschen, die wirklich hilfsbereit und sehr freundlich sind.

Abends ging es dann endlich mit dem Nachtbus los nach Aurangabad in Maharashtra. Ich hatte mich, warum auch immer, für ein Busunternehmen namens Hans Travel entschieden. Ich lag dann auch wie Hans im Glück in meiner Schlafkabine im ersten Stock, eigentlich ganz bequem, aber wegen der bescheidenen Straßen und unserem rabiaten Fahrer (quasi ein Hans Dampf in allen Gassen) hab ich die letzte Nacht trotzdem kein Auge zugemacht. Das Gerumpel hat sogar der Schrittzähler von meinem Smartphone registriert: die Nacht habe ich fast zwei Stunden Sport getrieben! So einfach ist das Abnehmen hier!

So, und jetzt bin ich in Aurangabad und habe noch etwas mehr als zwei Wochen vor mir, bevor es wieder nach Hause geht. Da ich bisher sogar etwas schneller bin als mein Zeitplan, überlege ich mir, für zwei oder drei Tage noch nach Mumbai zu fahren bevor es weiter zum verdienten Chillen nach Goa geht. Ich halte Euch natürlich auf dem Laufenden.

Tschö und bis bald!

4 Gedanken zu „Outdoor in Indore

  1. Hey lieber Andi!
    Abnehmen im Schlaf würde ich mir echt patentieren lassen! Darauf habe ich schon mein Lebtag gewartet… Und bestimmt noch gaanz viele Andere. 😉
    Geh doch mit dem Schrittzähler-Unternehmen eine Kooperation ein oder versuch Hans Wurst in’s Boot zu holen. Andernfalls: Was Hans nicht lernt, lernt Hännschen nimmermehr (oder war’s umgekehrt???). Ich mach die PR für Europa… 😀 😀 😀

    Habe mich scheckig gelacht, als ich deinen neuen Logbucheintrag las. Immer weiter so. Wer weiß, welches Filmteam dir noch in Goa über den Weg läuft (hoffentlich nicht RTL oder so). Ick freu mir!!!

    Lieben Gruß aus rainy Berlin,
    Kathi

    Gefällt 1 Person

  2. Den Fernsehbeitrag mit dir würd‘ ich ja zu gerne sehen, insbesondere die Untertitel in Hindi, wer weiss, was die da raus machen… „Liechtensteinischer Tourismusminister besucht Lal Bagh“

    Gefällt 1 Person

  3. Klasse, einfach Klasse. Das war richtig gut – und vor allem sehr lebhaft. Ich war voll dabei! Die Tage, die einen dann etwas ernüchtern, die Tage die gut, die geil sind. Und dann noch im Film die Hauptrolle spielen, ha, ha,ha. Da wär ich super gern dabei gewesen: Aber Bromi, mal ganz ehrlich und unter uns allen die mit dir sind – hey, wir kennen dich so gut, dass wir hier den Film nicht sehen müssen, aber wir können uns das gut vorstellen, wie das ablief mit dir. Ich muss jetzt noch lachen. Du hast keine Chance…Apropo, weil mich der Humor nicht los lässt und so…, ich hab noch einen, läuft unter „DDR-Witz“ Als Willy noch lebte hat er sich auch mit Honecker getroffen. Nach leichtem Schweigen sagt Willy: Also ich mag Geschichten über mich und so sammle ich Anekdoten von Leuten über mich. Honecker stutzt, grinst leicht und meint: Ist ja interessant, bei mir ist es gerade andersrum. (Hi, hi)
    Okay Alter, go on….
    Übrigens Kathy, also das mit dem abnehmen würd ich glatt unterschreiben, seit meinem Bürojob hab ich 3 Kilo zugenommen – oder 4? Ächz…

    Gefällt 1 Person

Hinterlasse einen Kommentar